31.03. Tramper-Überfall

Urlaubsstimmung und tödlicher Leichtsinn

Die beiden waren in dem Ort Whataroa an der einsamen Westküste der Südinsel in den Geländewagen eines 38-jährigen Mannes eingestiegen, der sie überfiel. (Update: Offenbar attackierte der Mann die Frauen mit einer Eisenstange; die Deutsche, Michaela B., wehrte sich mit einem Taschenmesser.)

Eine Passantin fand die Frauen am Straßenrand in der Nähe des Ortes Franz Josef, der dank seines gleichnamigen Gletschers ein Touristenmagnet ist. Die beiden Urlauberinnen sprangen aus dem fahrenden Auto. „Sie lagen auf dem Boden und rührten sich nicht“, sagte die Augenzeugin, „sie gaben nur Schmerzenslaute von sich.“

Nach einer wilden Verfolgungsjagd zwischen mehreren Straßensperren und fünfstündigen Verhandlungen gelang es der Polizei, den Mann festzunehmen. Der 38-Jährige hatte sich, das Auto und die Straße mit Benzin übergossen und warf brennende Gegenstände aus dem Fenster. Die Beamten und Spezialeinsatzkräfte mussten Gummimunition und einen Polizeihund einsetzen, um das „Standoff“ blutig zu beenden.

Im Lauf des gestrigen Tages nahm der Fall schier unglaubliche Ausmaße an, denn die Behörden gaben bekannt, dass zwischen dem Überfall auf die Touristinnen und einem Mord in Christchurch Christchurch – fünf Stunden Autofahrt von Franz Josef auf der Ostseite der Südalpen gelegen – ein Zusammenhang bestehe.

Demnach steht der an der Westküste festgenommene Mann unter dem Verdacht, einige Tage zuvor eine 24-jährige Frau umgebracht zu haben. Die Leiche dieser als vermisst gemeldeten Frau wurde am Sonntag auf dem Supermarkt-Parkplatz im Stadtteil Woolston im Kofferraum ihres Autos gefunden. Angehörige sagten, ihre Hilfsbereitschaft sei der Getöteten vermutlich zum Verhängnis geworden. Das Opfer und der Tatverdächtige kannten einander, der vorbestrafte Mann hatte für kurze Zeit im Haus des Opfers gewohnt.

Die Gefahren alpiner Wanderungen

Was leider in Neuseeland auch regelmäßig unterschätzt wird, sind die Gefahren, denen man bei alpinen Wanderungen ausgesetzt ist. Am 2. März 2014 machte beispielsweise die Meldung über einen vermissten deutschen Touristen die Runde. Er ist bis heute (Stand: 15. April 2014) nicht gefunden worden.

Der Rucksack von Christian P. aus Krefeld ist am Rande einer Trekking-Route gefunden worden. Er war auf einer mehrtägigen Wanderung im Nelson-Lakes-Nationalpark unterwegs, das liegt im Norden der Südinsel und ist ein hochalpines, von Gletschern geformtes Gebiet. Sein Rucksack wurde am Rande des Pfads im Gebiet des Travers Saddle gefunden, das ist ein alpiner Pass, für den man im Winter Eisausrüstung benötigt (aber jetzt ist Sommer!). Man überquert ihn üblicherweise, wenn man den mehrtägigen Travers Sabine Circuit geht, siehe hier:

http://www.doc.govt.nz/parks-and-recreation/tracks-and-walks/nelson-tasman/nelson-lakes/travers-sabine-circuit/track-description/

Die Polizei hat mit anderen Wanderern gesprochen, die Christian P. bzw. seinen verlassenen Rucksack gesehen haben. Möglicherweise wurde der Rucksack schon eine Woche, bevor er gefunden wurde, abgestellt. Personal des Department of Conservation (DOC), das für die Hütten und Wege in den Nationalparks zuständig ist, alarmierte die Polizei, als es über den verlassenen Rucksack informiert wurde. Umgehend fahndeten drei Suchtrupps inklusive Spürhund und Hubschrauber nach dem jungen Deutschen, der seit Oktober 2013 in Neuseeland und mit einem Working Holiday Visa (ein Jahr gültig) unterwegs war. In der Zwischenzeit ist die intensive Suche eingestellt worden, da keine Hoffnung mehr besteht, den Deutschen lebend zu finden.

Erstens stimmt das nicht, sondern es passiert nur in Ausnahmefällen. Zweitens ist es auch am schönsten Ende der Welt tödlicher Leichtsinn, zu fremden Leuten in den Wagen zu steigen. Diese verdreht-naive Wahrnehmung, die für verklärte Neuseeland-Touristen typisch ist, hat eine 28-jährige deutsche Frau und ihre 27-jährige japanische Begleiterin jetzt fast das Leben gekostet. Beide liegen schwer verletzt, die eine mit drei Stichwunden am Hals, die andere mit Knochenbrüchen, und schwer traumatisiert im Krankenhaus von Christchurch.

CHRISTCHURCH. Nichts sei einfacher, schrieb vor wenigen Tagen ein deutscher Rucksack-Reisender seinen Freunden in der Heimat, als in Neuseeland per Anhalter zu reisen. Man müsse nicht einmal den Daumen heben, und schon hielten Autofahrer an, um die kostenbewussten Touristen von Ort zu Ort zu chauffieren.

Update April 2014:

Die beiden Frauen sind inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen worden und haben ihre Neuseeland-Reise fortgesetzt. Sie sind mit einer Welle der Hilfsbereitschaft überflutet worden. Das ändert nichts an den Gefahren, die jedem Neuseeland-Touristen drohen, der denkt, unser Land wäre ein Paradies in jeder Beziehung.