20.02. Dotcom raus/rein

Zwei weitere Jahre vor Gericht sind so gut wie sicher

AUCKLAND. Obwohl auch das Oberste Gericht in Auckland entschieden hat, dass Kim Dotcom von Neuseeland an die USA ausgeliefert werden kann, feierte der deutsche Internet-Unternehmer das Urteil als Sieg. Und seine in einem Exklusiv-Interview mit dem New Zealand Herald geäußerten Argumente sind sogar nachvollziehbar.

Richter Murray Gilbert entschied nämlich nach mehrwöchiger Anhörung im vergangenen August und September sowie fünfmonatigem Nachdenken, dass der als Kim Schmitz in Kiel geborene Deutsche nicht wegen des von den USA vorgetragenen massenhaften Verstoßes gegen das Urheberrecht ausgeliefert werden kann, weil dieses Delikt in der neuseeländischen Strafgesetzgebung nicht existiert und nicht Teil des Auslieferungsabkommens zwischen den beiden Staaten ist. Der Richter fand jedoch, im Grunde handle es sich um Betrug, ein Verbrechen, das den bilateralen Vertrag in Kraft setze.

Die US-Behörden werfen Dotcom vor, er habe mit seinem Internet-Dienst Megaupload, der zu Hochzeiten von 50 Millionen Menschen zum Speichern und Tauschen von Daten genutzt wurde, die Piraterie von Filmen, Musik und Software ermöglicht. Megaupload, als gigantische Betrugsmaschine beschrieben, habe Nutzer sogar finanziell dafür belohnt, wenn sie urheberrechtlich geschütztes Material wie Spielfilme und Videos auf die Plattform hochluden. Sollte die Justiz in den USA den Gründer der Internet-Plattform Megaupload und seine drei Mitangeklagten für schuldig befinden, drohen ihm bis zu 88 Jahre Haft.

"Den Hauptpunkt in diesem Rechtsstreit haben wir gewonnen"

„Den Hauptpunkt in diesem Rechtsstreit haben wir gewonnen – der Richterspruch, dass der Verstoß gegen das Urheberrecht kein Auslieferungsgrund ist“, sagte der 43 Jahre alte Internet-Tycoon. „Sie haben meine Familie und mein Geschäft zerstört, mich abgehört, mein Haus durchsucht, und sie haben all dies aufgrund eines zivilrechtlichen Urheberrechtsfalles getan.“ Die neuseeländische Polizei hatte den US-Behörden mit einer filmreifen Razzia des Anwesens des dicken Deutschen im Januar 2012 assistiert und Festplatten-Kopien an das FBI weitergegeben.

Sowohl in dem Durchsuchungsbefehl als auch in dem Auflieferungsbegehren der USA war lediglich von Verstößen gegen das Urheberrecht die Rede. „Ich wurde nicht wegen Betrugs verhaftet“, sagte Dotcom. „Das Urteil bestätigt, dass weder ich, noch meine Mitangeklagten, noch Megaupload ein neuseeländisches Gesetz gebrochen haben. Jetzt versuchen sie, durch die Hintertür zu argumentieren, dass es sich um einen Betrugsfall handle. Ich werde nach diesem Urteil mit großer Zuversicht vor das Berufungsgericht ziehen.“

Eventuell separate Klage gegen den Haftbefehl

Daneben erwägt er eine separate Klage gegen den Haftbefehl, „da ich für ein Verbrechen festgenommen wurde, das in Neuseeland nicht existiert“. Dotcoms Anwalt Ron Mansfield fand es “schwierig, die Logik des Urteils zu akzeptieren“. Die Juristen, die die USA repräsentieren, hatten erst im Auslieferungsverfahren Ende 2015 auf den Vorwurf des Betrugs abgehoben.

Beobachter der Auseinandersetzung der neuseeländischen Gerichte und dem streitbaren Multimillionär gehen davon aus, dass der Deutsche noch mindestens zwei Jahre prozessieren wird, um seine Auslieferung zu verhindern. Sollte er auch vor dem Berufungsgericht und Neuseelands höchstem Gericht, dem Supreme Court in Wellington, scheitern (falls es den Fall überhaupt annimmt), muss der Justizminister die Auslieferungsgenehmigung abzeichnen. Dagegen kann Dotcom wiederum vor Gericht ziehen. So schnell wird Neuseeland den lästigen Gast also nicht los.

(Copyright: Sissi Stein-Abel)