Biographie

Sissi Stein-Abel

Auf einen Blick

Geboren 1957 in Geislingen/Steige, aufgewachsen in Gingen/Fils

1976 Abitur am Gymnasium Geislingen

1976 bis '79 Studium der Kommunikationswissenschaften, Spanisch und Italienisch in München

1979/80 Deutsche Journalistenschule in München, Hospitanzen bei der Abendzeitung München und Radio Luxemburg

6/1980 - 1/2004 Sportredakteurin bei der Südwest Presse in Ulm

2000 Portugiesisch-Sprachkurs in São Paulo


Berichterstatterin bei den Olympischen Spielen in Seoul, Albertville, Atlanta und Sydney, zwölfmal Tour de France, zahlreiche Weltmeisterschaften (Leichtathletik, Radsport, Rudern, Bob, Rodeln, Eiskunstlauf, Handball, Schwimmen, Kunstturnen etc.), Fußball-Dauerberichterstatterin beim VfB Stuttgart (Bundesliga und Europapokal), Profi-WM-Boxkämpfe Schulz-Foreman und Tyson-Holyfield in Las Vegas, etc., zahlreiche Termine für das Ressort Reise.


Januar 2004 Auswanderung nach Lyttelton, Neuseeland

Seither freiberufliche Journalistin, unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Nachrichten/Stuttgarter Zeitung, Badische Zeitung, Kölner Stadtanzeiger, Rheinpfalz, Sächsische Zeitung, Südwest Presse, Münchner Merkur, Tagesanzeiger (CH/Sport), Radsport, Leichtathletik, etc. Gelegentlich Rundfunk-Berichte für den SWR.


Buchveröffentlichungen:

"Kulinarisches Vorspiel - 16 Männer à la carte" (GZD)

"40 Radtouren zwischen Jagst und Donau" (Éditions de la Nuée Bleue)

"Naturwunder Neuseeland - Geologie, Tiere und Pflanzen eines bedrohten Paradieses" (Mana-Verlag, 2017; erhältlich in Buchhandlungen und auf Amazon)

In Prosa

Außer mir ist in Gingen/Fils auch noch Jürgen Klinsmann aufgewachsen, sogar in meiner Nachbarschaft. Karl Allgöwer wohnt noch heute dort, im Haus daneben. Sprich: Gingen - heute 4500 Einwohner klein, die "Perle des Filstals" - hat nicht nur die älteste Kircheninschrift Deutschlands (in der Johanneskirche, aus dem Jahr 984), sondern auch einen gewissen Ruf als Sporthochburg ;-)

Die Liebe zum Sport und zum Schreiben wurde mir in die Wiege gelegt, deshalb war es nur logisch, dass ich Sportjournalistin wurde. Es gibt Fotos von mir, auf denen ich vom Kinderwagen aus höchst interessiert ein Handball-Spiel verfolge. Sprich: Schon bevor ich laufen konnte, war ich mittendrin in der Sport-Szene.

Meine Familie war und ist noch immer sportverrückt: Mutter und Vater waren Handball-Spieler und Leichtathleten, und mein Vater zusätzlich Ringer und später Jedermann-Turner, meine Brüder Handball-Spieler und gute Werfer.

Ich spielte lediglich in der Schule mit den Jungs Handball, weil es in meinem Ort keine Mädchen-Handballmannschaft gab, und war für meine Härte gefürchtet. In der Fußball-Auswahl des Gymnasiums bekam ich aus demselben Grund - obwohl ich als Regisseurin Freistöße und Ecken à la Günter Netzer zauberte - den Beinamen "Katsche".

Leidenschaft Speerwerfen, Meisterin mit dem Diskus

Ganz am Anfang stand das Turnen, aber das gab ich bald auf, weil ich die willkürliche Benotung durch die Kampfrichter nicht akzeptieren konnte. Da ich den Schlagball doppelt so weit warf wie die anderen Mädchen, entschied ich mich für die Leichtathletik.

Meine große Stärke waren die Wurfdisziplinen, das Speerwerfen war meine Leidenschaft, und im Trikot des USC München wurde ich sogar mal Oberbayerische Meisterin. Bei einem Intermezzo mit dem Diskus erzielte ich allerdings meinen bedeutendsten Erfolg: Mit 16 wurde ich Württembergische B-Jugend-Meisterin.

In Neuseeland startete ich im reiferen Alter ein erfolgreiches Comeback und gewann mehrere Titel bei den Masters Games, das sind Wettkämpfe für Senioren auf nationaler Ebene, und gewann Titel bei den nationalen Meisterschaften der Leichtathletik-Senioren. Ich trainiere noch immer! Das größte Problem ist, dass es mit fortschreitendem Alter ewig dauert, bis Verletzungen ausheilen.

Mein Vater war als Ortsberichterstatter für die Geislinger Zeitung im Einsatz. Das heißt: Nach Feierabend ging er zu Gemeinderatssitzungen, frühmorgens, bevor er ins Büro ging, tippte er seinen Bericht. Ich hackte schon auf seiner Schreibmaschine, bevor ich wirklich schreiben konnte. Mit zehn verfasste ich unter der Bettdecke meine ersten Romane. Unter der Bettdecke, weil ich um diese Zeit eigentlich schlafen sollte und nicht auffallen wollte.

Weg zum Sportjournalismus über Borussia Mönchengladbach

Mit 13 beschloss ich, Sportjournalistin zu werden. An jenem Tag spielte Borussia Mönchengladbach im UEFA-Cup gegen den FC Everton, und der italienische Schiedsrichter beschiss die Gladbacher nach Strich und Faden. Ich machte vor dem Fernseher Notizen und tippte danach meinen ersten internationalen Sportbericht.

Es verging kein Fußball-Länderspiel, das ich nicht kommentiert hätte. Meine Berichte heftete ich sauber in einem Leitz-Ordner ab, und jeder in der Familie musste sie lesen. Ich reicherte die Texte mit ausgeschnippelten Zeitungsfotos an. Das waren meine ersten Layout-Versuche. Den Ordner gibt es heute noch.

Mein Studium der Kommunikationswissenschaft, die in München Zeitungswissenschaft hieß, langweilte mich tödlich, weil es so praxisfern war. Mir war eigentlich egal, wie die Kommunikation im Kommunismus funktionierte. Ich sah mich als rasende Reporterin der Gegenwart am Spielfeldrand, im Begleitfahrzeug bei der Tour de France, auf der Pressetribüne. So tat ich im Hauptstudium nur das Nötigste und stürzte mich auf meine Nebenfächer. Sprachen, dachte ich mir, helfen auch im Sportjournalismus weiter, bei Interviews mit Diego Maradona und Mario Cipollini. Und so war's dann auch.

Um mir nicht vorwerfen zu können, ich hätte es nicht wenigstens versucht, bewarb ich mich an der renommierten Deutschen Journalistenschule - und schlug tatsächlich mehr als 1000 Mitbewerber aus dem Rennen um die 15 Plätze der 17. Lehrredaktion.

Zwischen Bundespräsident und Roy Black

Wir übten Interviews an Persönlichkeiten wie dem damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel, und während meiner Hospitanz bei Radio Luxemburg - das hatte ich gewählt, um in meiner Freizeit in Luxemburg Französisch sprechen zu können - hatte ich mit Schlagerstars wie Roy Black, Udo Jürgens und was weiß ich wem zu tun. Meine Live-Interviews vom Handball World Cup in Dortmund mit Weltmeister-Torhüter Manfred Hofmann als Emil-Imitator waren berühmt-berüchtigt.

Danach trat ich meine erste - und letzte - Stelle als Sportredakteurin bei der Südwest Presse in Ulm an - und leistete Pionierarbeit als Fußball-Berichterstatterin. Vor mir hatten sie auf dem Betzenberg in Kaiserslautern noch nie eine Frau der schreibenden Zunft begrüßt ("Nur Presseleute dürfen in den Presseraum!").

Sogar die Ordner auf dem Parkplatz begrüßten mich nach meinem Debüt jedes Jahr persönlich. In Hamburg kontrollierten mich die Ordner drei Mal - "Es könnte ja sein, dass ein Journalist seine Freundin in den Presseraum schmuggelt". Und in Bremen stellten sich mir Ordner mit Schäferhunden in den Weg, um mich am Betreten des Kabinengangs zu hindern, weil ich dort einen nackten Spieler hätte sehen können... Nach diesem Zwischenfall wurde ich Deutschland-weit zum Objekt der Berichterstattung. Die Münchner Abendzeitung titelte: "Sissi und die nackten Kicker".

In der Redaktion gefiel mir längst nicht alles, aber ich blieb, weil ich dort so unendlich viele Möglichkeiten zur Entfaltung hatte wie nirgendwo anders, und dafür bin ich dankbar. Und wo ist schon alles perfekt? Ich betreute vom ersten Tag an den VfB Stuttgart, und mit einigen Spielern - zu denen auch der jetzige Bundestrainer Jogi Löw gehört - hatte ich auch noch lange nach deren Karriereende guten Kontakt. Vor allem die 1984er Meistertruppe war ein großartiger Haufen.

Ein Herz für "Sigi" und Frank Busemann

Mein "Liebling" war immer Asgeir Sigurvinsson - weil er im Mittelfeld zaubern konnte und trotzdem immer bescheiden blieb. Wenn er besonders gut gespielt hatte, war es ihm hinterher fast peinlich, gelobt zu werden. Ein wunderbarer Mensch. In der Leichtathletik hatte ich stets ein Herz für den Zehnkämpfer Frank Busemann.

Doch egal, wie sympathisch mir jemand war: Ich habe mir immer eine kritische Distanz bewahrt. Und doch wäre ich in den Wochen der täglichen Doping-Geständnisse im Frühjahr 2007 fast in Ohnmacht gefallen, als Udo Bölts zugab, in den 90er Jahren zwei Jahre mit Epo gedopt zu haben. Ich hatte vielen Radsportlern so ziemlich alles zugetraut, und Lance Armstrong, der personifizierten Scheinheiligkeit, sowieso.

Für Jan Ullrich und den Radsport in Deutschland hatte ich gehofft, dass er clean war, und ich mochte Jan Ullrich in seiner fast kindlichen Einfachheit gern, obwohl ich immer ein ungutes Gefühl hatte, weil ich ihn in falschen Betreuerhänden wähnte. Aber bei Udo Bölts war ich sicher, dass er niemals dopen würde. So ein bescheidener, frommer Mensch... Ich hätte mir die Hand verbrannt, die ich für ihn ins Feuer gelegt hätte.

Ich bin fast froh, dass ich diesen Skandal nur noch aus der Ferne betrachten musste. Es macht keinen Spaß, dass man nur noch mit profunden Kenntnissen in Medizin, Chemie und Strafrecht über Sport berichten kann. Insofern gesehen ist es ganz praktisch, dass ich mich jetzt in Neuseeland mehr mit Kiwis, Pinguinen und Albatrossen beschäftigen kann ;-)

Liebe auf den ersten Klick

Dafür rege ich mich hier über gewissenlose Farmer auf, die mit ihren Bewässerungsanlagen die Landschaft verschandeln und die Jauche ihrer riesigen Milchkuhherden ungeklärt ins Grundwasser, in Seen und Flüsse leiten, bis die Gewässer umkippen.

Dass ich überhaupt hier lebe, habe ich primär dem Internet zu verdanken. Liebe auf den ersten Klick, formulierte es ein Kollege in unserer SWP-Hochzeitsgeschichte treffend. Ohne unsere harmlosen Chats auf ICQ hätte ich nie meinen Kiwi-Ehemann John kennengelernt. Wir verschwendeten nicht viel Zeit online, mit Webcams und Headsets, Emails und Kurznachrichten. Als wir merkten, wie gut wir einander verstanden, flog John nach Deutschland, so dass wir testen konnten, ob wir auch im richtigen Leben harmonierten. Bald danach waren wir verheiratet (21. Dezember 2001).

John hätte sich gut vorstellen können, in Deutschland zu leben, aber meine Redaktionsmüdigkeit war größer - und nach Neuseeland hatte es mich schon seit meiner ersten Reise 1991 gezogen. Leider ist nicht alles so gelaufen wie erhofft. Wir trennten uns 2016 als Paar, leben aber aus finanziellen Gründen unter einem Dach und kommen gut miteinander zurecht. Ich kann aber nur jeden davor warnen, der Liebe wegen seinen Job aufzugeben oder gar auszuwandern, wenn er dadurch seine finanzielle Unabhängigkeit verliert. Und Neuseeland ist auch nicht so, wie es sich über die Tourismuswerbung präsentiert. Das wahre Leben und die Leute sind anders.

Im Gegensatz zur Liebe zum Sport, von der alle infiziert waren, bin ich die Einzige in der Familie, die es schon immer in die Welt hinausgezogen hat. Was man allerdings erst seit 1988 wörtlich nehmen darf, denn vorher war ich nur in Europa unterwegs gewesen, vor allem in Frankreich. Nach den Olympischen Spielen in Seoul reiste ich noch einen Monat privat durch Südkorea - und war fortan mit dem Fernweh-Virus infiziert.

Privat und beruflich bereiste ich mehr als 50 Länder. Da ich hier ein gemütliches Leben führe und nicht mehr so viel verdiene wie früher, bin ich nicht mehr ständig auf Achse. Der Blick über die türkisblaue Bucht von Lyttelton und die samtigen Berge der Banks-Halbinsel gegenüber fühlt sich an wie ein endloser Urlaub.