17.04. Pastafari-Hochzeit

Die erste staatlich anerkannte Ehe alla Pasta

AKAROA. Marianna Young und Toby Ricketts haben einander ohne Trauschein geliebt, weil sie Konventionen und staatliche Regularien nicht mögen. Es wäre ihnen nie in den Sinn gekommen zu heiraten, wäre der Dokumentarfilmer Ricketts im Rahmen einer Recherche über die Steuerfreiheit von Religionsgemeinschaften nicht auf die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters gestoßen.

Als Journalist hatte er vor, Aufnahmen von der weltweit ersten gesetzlich anerkannten Eheschließung der Anhänger dieses von Atheisten und Skeptikern praktizierten Glaubens zu berichten. Allein, die Trauung fiel ins Wasser, weil die Beziehung des eingebuchten deutschen Touristen-Paares nach einem mehrwöchigen Neuseeland-Urlaubs leicht angespannt war.

„Ich habe ihnen geraten, es bleiben zu lassen“, erzählt Karen Martyn, die vor einigen Wochen vom Obersten Standesbeamten Neuseelands die offizielle Zulassung als Pastorin der Kirche erhielt und seither den Titel Ministeroni trägt, ein weltweit einmaliger Vorgang.

Dafür hatte der 35-jährige Toby Ricketts, der als Dreizehnjähriger aus Brighton in Südengland ans andere Ende der Welt auswanderte, Gefallen an der von Humor und Sinnenfreude geprägten Weltanschauung der Religionsparodisten gefunden und machte seiner drei Jahre jüngeren Lebenspartnerin einen Heiratsantrag.

Das war vor drei Wochen.

„Dass ich jetzt verheiratet bin, ist die größte Überraschung dieser Recherche“, meinte Ricketts, der nicht nur Filme dreht, sondern auch als Synchronsprecher arbeitet. „Die Ideale der Kirche – Spaß zu haben, aufmerksam, menschenfreundlich und skeptisch zu sein - leben wir jeden Tag“, sagt Young, „deshalb mussten wir uns für dieses Fest nicht verbiegen.“

Am Samstag (16. April) feierte das Paar aus dem im hohen Norden gelegenen Ort Mangonui Hochzeit in dem von Franzosen gegründeten Städtchen Akaroa auf der Banks-Halbinsel im Süden. Nur dort, 90 Kilometer östlich von Christchurch gelegen, gibt es ein seetüchtiges Piratenschiff, die Fox II. Die Pastafari – so heißen die Anhänger der Nudelgemeinschaft – glauben nämlich, dass sie von Piraten abstammen und dass das Fliegende Spaghettimonster

die Welt erschaffen hat.

Für die auf Great Barrier Island, einer Insel im Hauraki Gulf, aufgewachsene Marianna Young fühlte sich das Piratenthema an wie ein Ausflug in ihre Kindheit am Meer. Das Brautpaar, die Ministeroni, Familie und Freunde verkleideten sich als Piraten: Seeräubermäntel, Korsarenwesten, Freibeuterhemden, Kniehosen, Schnürmieder, Piratenhüte mit und ohne Federn, Kopftücher und Stiefel. Die Accessoires reichten von Dolchen und Säbeln über Augenklappen und Pistolen bis zur Hakenhand.

Der Bräutigam trug Dreadlocks unterm Dreizack wie Kapitän Jack Sparrow (Johnny Depp) in der Filmserie „Fluch der Karibik“, die Braut einen cremefarbenen Traum mit Spitzenbordüren, Brokatweste und Federhut. Im richtigen Leben ist Marianna Young, die ihren Nachnamen in ihren Geburtsnamen Fenn änderte, eine auf Umweltfragen spezialisierte Anwältin und Fotografin. Eine ernstzunehmende Frau also, der Warmherzigkeit, Humor und gute Laune ins Gesicht geschrieben stehen.

Copyright, alle Fotos:

Sissi Stein-Abel

Daly's Wharf

Marzipan-Spaghetti und Glubschaugen auf der Hochzeitstorte

Hafenrundfahrt vor der Trauung

So unkonventionell wie die Outfits war auch die von Freudenausbrüchen und Lachsalven begleitete Zeremonie. Die Gäste tranken auf dem am Daly’s Pier festgemachten Schiff Sekt und Bier, grölten ein anerkennendes amerikanisch gerolltes „Rrrrr“, wenn sie von der Ministeroni dazu aufgefordert wurden, eine mit Gitarre bewaffnete Sängerin schmetterte ein isländisches Seemannslied. Die Traurede war gespickt mit Anspielungen auf Pasta und das Piratenleben.

Die Ehe wurde besiegelt, indem Karen Martyn ein Nudelsieb, in dem das aus Wolle gefertigte Fliegende Spaghettimonster mit seinen Glubschaugen lauerte, über die Köpfe des Paares schwang. Die essbaren Trauringe musste sich das Paar mit verbundenen Augen über die Finger schieben. Und zu guter Letzt wurde der Braut eine Krone aufgesetzt: ein Nudelsieb aus Kupfer, gefüllt mit Wollspaghetti. Nudelsiebe tragen die Pastafari nämlich zu besonderen Anlässen. Das war diese Hochzeit allemal.

(Copyright: Sissi Stein-Abel)