12.05. Prinz Harry in NZ

Der heißeste Typ der vereinigten Königshäuser

CHRISTCHURCH. Wen busselt Prinz Harry? Das ist ein Dauerthema in Frauenzeitschriften, seit der auf Nummer fünf der britischen Thronfolger-Liste abgerutschte Royal im geschlechtsreifen Alter ist. Und seit es der mit einem auf Pappe gekritzelten Heiratsantrag und goldener Plastikkrone ausgerüsteten Australierin Victoria McRae in der vergangenen Woche in Sydney gelungen ist, den mittlerweile 30 Jahre alten Party-Prinzen – fast – auf den Mund zu küssen, sind die Hoffnungen williger Ehekandidatinnen in die Stratosphäre geschossen.

Die Frage, mit wem Harry nach seinem vierwöchigen Militärtraining in Australien schnäbelt, ist jedoch neu formuliert worden: Wer küsst den Enkelsohn der Königin, der trotz des Frontalangriffs vor allem älteren Damen noch immer die Wange für einen großmütterlichen Schmatzer anbietet, während seines achttägigen offiziellen Neuseeland-Besuchs wann wohin?

Aber von wegen! Harry übernahm die Initiative – weil er ein gutes Gedächtnis hat. Als er in Christchurch plötzlich Vicki McBratney gegenübersteht, beugt er sich zu ihr hinüber, nimmt sie in den Arm und küsst sie auf beide Wangen. Die heute Vierzigjährige war stellvertretende Hausmutter seines Internats in England. An ihrem ersten Arbeitstag 1997 an der Ludgrove-Schule in Berkshire wurde Harrys Mutter, Prinzessin Diana, begraben.

Bad in der Menge

McBratney hatte keine Ahnung, welch prominentes zwölfjähriges Kind sie zu betreuen hatte, wurde aber schnell zur Vertrauten des kleinen Prinzen. An der Schule lernte sie auch ihren jetzigen Ehemann Andy kennen, zwei Jahre später zog das Paar ans andere Ende der Welt, wo es jetzt zum Wiedersehen mit Harry kam.

„Damals war er ein liebenswerter, freundlicher Junge“, sagt McBratney, „jetzt ist er ein genauso liebenswerter Mann.“ Einer, der sich aufgrund seines Status als einer der begehrtesten Junggesellen der Welt vor Verehrerinnen nicht retten kann.

Regenbogenblätter als Sonnenschutz

Dazu bedurfte es nicht erst des Interviews, das der Fernsehsender Sky TV mit Harry von Wales zwei Tage zuvor auf Stewart Island, einem Naturparadies südlich der Südinsel Neuseelands, geführt hatte.

Weil er so nett mit Kindern umgehen könne und sein Bruder William gerade zum zweiten Mal Vater geworden ist, hatte die Reporterin den Prinzen gefragt, ob er nicht gerne selbst heiraten und Kinder haben wolle. „Ja, natürlich hätte ich gerne jemanden an meiner Seite und jetzt schon Kinder“, räumte Harry ein, dem auch in Christchurch dutzendweise Babys, rothaarige Kinder und Geschenke für seine neue Nichte Charlotte entgegengereckt wurden, „aber das sind Dinge, die man nicht erzwingen kann. Die Zeit wird kommen, und wenn es sein soll, wird es passieren.“

Alle Handys, iPads und Kameras hoch!

In dieser Straßenbahn fuhr Harry vor dem Museum Quake City vor.

Bis es soweit ist, werden die Spekulationen und Hoffnungen blühen. Rentnerinnen wie Helen, die in der Cashel Street in Christchurch, einer der wenigen belebten Straßen in dem durch die Erdbeben 2010 und 2011 weitgehend zerstörten Stadtzentrum, auf die Ankunft des Prinzen mit den fröhlichen Augen und Sommersprossen wartet, diskutiert mit ihren Freundinnen, wer die Glückliche sein könnte. „Ich denke nicht, dass es ein Happy-End mit Chelsy Davy geben wird“, sagt sie. „Sie ist Südafrikanerin und Juristin.“

Mit Davy war Harry von 2004 bis 2010 liiert, sie war seine Begleiterin bei Williams und Kate Middeltons Hochzeit 2011. Es folgten turbulente Beziehungen, Frauengeschichten, die berühmten Nacktfotos in Las Vegas und Küsse mit einer unbekannten Blondine. Die eigentliche Frage lautet also: Wie gezähmt ist „His Royal Hotness“, der heißeste Typ der vereinigten Königshäuser?

Katie und Shannon versuchen im Doppelpack, Harrys Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Auf Pizzakartons haben sie mit Zeilen aus dem Tophit der neuseeländischen Popdiva Lorde ihre Botschaften geschrieben: „Let me be your Royal“, und: „You can call me Queen Bee.“ Pressefotografen und TV-Kameras stürzen sich auf das Duo, aber Harry hat die beiden bei seinem Bad in der Menge nach dem Besuch des Erdbeben-Museums Quake City nicht gesehen.

Dafür bleibt er bei einer Blondine, die auf ihrem Schild mit Großgrundbesitz („Harry, I have hectares“) lockt, stehen. Sie hat eine Farm. Eine andere junge Frau ruft aus dem Hintergrund: „Harry, heirate mich! Ich bin für Dich frei verfügbar!“ Es klingt wie: zu allem bereit und billig, nicht wie ein Märchen aus tausendundeiner Nacht.

Plaudertasche ;-)

Auffallen ist alles. Aber während sich die Traumtänzerinnen im Stadtzentrum unter knallblauem Himmel und strahlendem Sonnenschein von ihrer besten Seite zeigen können, müssen die Studentinnen an der Universität, wo Harry am Nachmittag die Freiwillige Studenten-Armee (Student Volunteer Army/SVA) besucht, ihre äußeren Reize unter Regencapes verbergen.

Das Wetter hat dramatisch umgeschlagen, ein schweres Gewitter zieht über die Stadt, es stürmt und hagelt. Sie warten bibbernd im Freien und wärmen ihre Hände an Pappbechern mit heißer Schokolade. „So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben“, sagt eine achtzehnjährige Studentin, eine Kommilitonin meint: „Ich möchte Prinzessin werden.“

Jemand schenkte Harry einen Poloschläger.

Prinz Harry, mittlerweile in Jeans, Outdoor-Jacke und Wildlederboots, wird schnell nach drinnen geleitet. Er sitzt in einer auf den Kopf gestellten grünen Schubkarre, dem Symbol der SVA, die nach dem ersten schweren Erdbeben ins Leben gerufen wurde und ihre Hilfsdienste für die Gemeinschaft mit Sandschaufeln begann. „Dieses Modell sollte weltweit Schule machen“, sagt Harry und demonstriert gleich danach, warum er überall so beliebt ist. Er geht zurück in den Regen, setzt Gemüsepflanzen ein und verteilt Cupcakes an seine vornehmlich weiblichen Fans.

Nach zehn Jahren in der britischen Armee, die er im Juni verlassen wird, ist auch ein privilegierter Royal kein Zuckerpüppchen und hat unter Normalsterblichen keine Berührungsängste. Auf Stewart Island nahm er im South Seas Hotel gar am berühmt-berüchtigten Kneipenquiz teil und belegte hinter seinen Bodyguards Platz zwei.

Sein Team nannte er „Ginger Ninjas“, die rothaarigen Partisanenkämpfer. Harry mit dem kurzen Struwwelschopf kann nämlich auch über sich selbst lachen. Das ist Teil seines natürlichen Charmes, und als ewiger Prinz ohne echte Thronfolger-Pflichten kann er feiern, bis nicht nur in Neuseeland die Lichter ausgehen.

(Copyright: Sissi Stein-Abel)

Vielleicht die Diskussion darüber, wer den Poloschläger in Verwahrung nimmt.

Harry checkt das am Poloschläger befestigte Kärtchen.

Die kurzhaarige Frau auf den Fotos ist Lianne Dalziel, die Bürgermeisterin von Christchurch.

Kimi mit unserem royalistischen ziemlich neuen Mitbewohner Bilbo, der uns aus London zugeflogen ist.

Blick in Richtung Quake City, das Erdbeben-Museum, das Harry nach der Straßenbahnfahrt besuchte.

Gedränge in der Cashel Street.

Ein eigener Thron für Plüschis. Er ist übrigens aus Porzellangeschirr hergestellt, das während der Erdbeben zerbrach.