28.10. Neues Christchurch?
Blechscheunen mitten in der Stadt für den Fortschritt
Gestern bin ich zum ersten Mal seit meiner Rückkehr aus dem Deutschland-Urlaub wieder durch Christchurch spaziert. Es war ein kurzer Spaziergang nur um einen Block herum, während sich John beim "Biketober"-Fest in der Manchester Street Motorräder anschaute. Aber es genügte, um mich zu entsetzen.
Was haben sich die Architekten von EPIC bloß gedacht?
Wie verschandle ich das Bild der Manchester Street nachhaltig?
Wie ruiniere ich den Blick auf die Port Hills?
Wie groß sollte eine Scheune mitten in einer Stadt sein?
Neuseeländer mögen Häuser mit vielen Klimaanlagen (heat pumps), denn diese signalisieren potenziellen Käufern und Mietern, dass das Haus warm ist. Den visuellen Aspekt finden sie längst nicht so grauenhaft wie wir Europäer. Vielmehr überwiegt die Freude über ein warmes Haus - denn die meisten Häuser hier sind schlecht isoliert und lausig kalt.
Beim Anblick so vieler kostengünstiger heat pumps wird einem doch gleich ganz warm ums Herz ;-)
Eines muss man den Architekten lassen: Mut haben sie... Mut zum Hässlichen. Aber was ist an diesem Innovationszentrum innovativ?
Zur Abwechslung musste ich kein verlorenes historisches Gebäude betrauern. Vielmehr stand ich schockiert vor einem Neubau. Ich denke, es genügt, zum Thema "Das neue Christchurch" einfach mal Bilder sprechen zu lassen: Diese überdimensionale Wellblech-Scheune mit den unansehnlichen Klimaanlagen auf dem Dach ist allen Ernstes das neue Innovationszentrum, mit vollem Namen: Enterprise Precinct and Innovation Campus (EPIC).
Es soll Kernstück eines ambitionierten Projekts sein, dessen Ziel ist, ein Weltklasse-Zentrum für innovative Unternehmen der Region Canterbury zu schaffen. Sie nennen es einen "Sanctuary" - also eine Art Schutzgebiet oder Nest für Innovationsbetriebe.
Das Gebäude ist leider nur Kreisklasse und zeigt, wie fern Neuseelands Stararchitekten von Innovation und Weltklasse entfernt sind. (Wenn ich den Namen Warren & Mahony höre oder lese, kriege ich die Krise...) Im Ernst, solche Hütten stehen massenhaft auf Neuseelands Weiden herum, lediglich ein bisschen kleiner und rostiger.
Einer der Stadträte hat schon dazu aufgerufen, Horror-Designs im neu zu gestaltenden Stadtkern zu bekämpfen. Aber dieser Katastrophenbau, dessen Holzkern in der blechfreien Konstruktionsphase richtig vielversprechend aussah, wird von der Stadt voll mitgetragen. Das Schlimme: Die Konstruktion ist so gut, dass die Innovationsscheune jedes Erdbeben überlebt...
P.S. (18. Januar 2013)
Mittlerweile habe ich gelesen, dass dieser Innovationskuhstall nur fünf Jahre stehen soll, dann läuft der kostenfreie Pachtvertrag mit der Stadt aus. Die Pappkathedrale, die der Anglikanischen Kirche ja auch nur temporär Unterschlupf bieten soll, nimmt allmählich Gestalt an. Und so was nennt sich Wiederaufbau!