18.03. Wallaby-Jagd

Hatz auf Hüpftiere zur Rettung des Ökosystems

Sprunghafte Vermehrung verursacht Schäden für die Landwirtschaft

Und doch: In Neuseeland sind die Wallabys verhasst – und die Engländer sind an allem schuld, denn die Einwanderer haben 1870 die ersten Wallabys, die in der Zwischenzeit in manchen Regionen zur Landplage geworden sind, ins Land der Kiwis gebracht.

Um die Ausbreitung der invasiven Spezies zu stoppen, hat in den Hügeln westlich der Kleinstadt Waimate – 200 Kilometer südlich von Christchurch gelegen – wieder einmal die traditionelle Hatz auf die Hüpftiere stattgefunden: die South Canterbury Wallaby Competition. Diesmal wurden an einem Wochenende rund 2.300 tote Tiere eingesammelt, aber erfahrungsgemäß drei Mal so viele in undurchdringlichem Matagouri-Dickicht geschossen.

Es ist tatsächlich ein Wettbewerb für Gruppen und Einzelkämpfer in allerlei Klassen, inklusive Frauen und Kindern. Wer die meisten Wallabys abschießt, hat gewonnen, und es gibt auch einen Sonderpreis für den Jäger, der das schwerste Tier erlegt hat.

Wenn sie, auf ihren mächtigen Schwanz gestützt, so dasitzen und wie ein Menschenkind eine Karotte in den Pfoten halten und verspeisen, zaubern einem Kängurus und ihre kleineren Verwandten, die Wallabys, ein Lächeln ins Gesicht. Mit einem putzigen Baby – einem Joey – im Beutel steigt der Niedlichkeitsfaktor der australischen Wappentiere sprunghaft in die Höhe. Hopp, hopp, hopp.

In dieser Gegend wurde einst das bis zu einen Meter große und 15 Kilo schwere Rotnacken- oder Bennett’s Wallaby (Macropus rufogriseus) als Jagdtier eingeführt, aber es hat sich mangels natürlicher Feinde so sprunghaft vermehrt, dass das Ministerium für Primärindustrien (MPI) errechnet hat, dass die Landwirtschaft jährlich einen Schaden von 23,5 Millionen NZ-Dollar (13,8 Mio. Euro) erleidet, und wenn es so weitergeht, sollen die Verluste bis 2025 auf 67 Millionen NZ-Dollar (39,3 Mio. Euro) steigen.

Das liegt daran, dass die Farmer ihre Herden verkleinern müssen, weil die Wallabys Futterkonkurrenten von Farmtieren sind. Ein Wallaby frisst drei Mal so viel wie ein Schaf, zerstört die Vegetation und damit das Ökosystem, sowie Weidezäune.

Da sie wie fast alle Beutler nachtaktiv sind, ist ihnen schwer beizukommen. Deshalb findet auch die Jagd im Dunkeln statt, mit Scheinwerfern und Gewehren. Sobald die Augen der Kleinkängurus leuchten und das Tier damit lokalisiert ist, wird abgedrückt.

Die Jagd ist nur eine "nützliche Sekundärmaßnahme"

Wallaby mit Joey im Beutel. Fotografiert im Zoo von Auckland.

Bild links: Wallaby im Wildpark The Willowbank in Christchurch.

Copyright (alle Fotos):

Sissi Stein-Abel

Bild links: Rotnacken-Wallabys in Waimate.

Bild links: Wallaby in der Willowbank in Christchurch.

Laut der Regionalverwaltung, Environment Canterbury (ECan), ist diese Art der Jagd jedoch nicht die effektivste. Das liegt daran, dass sich die Wallabys in schwer zugänglichem Gelände aufhalten (85 Prozent im Hochland, nur ein Prozent im Flachland). Aber Nacht- und Hubschrauberjagden, sagt Brent Glentworth, der Teamleiter für Biosicherheit, seien „nützliche Sekundärmaßnahmen“ nach großangelegten Vergiftungsaktionen mit dem umstrittenen Giftstoff Natriumfluoracetat, der in Neuseeland unter dem Namen 1080 bekannt ist.

Wie viele Wallabys es überhaupt gibt, ist nicht bekannt, aber laut Glentworth sind es hunderttausende. „Es ist unmöglich, sie zu zählen, weil sie sich tagsüber im Unterholz aufhalten“, so der Experte. Jäger berichten, sie schössen jetzt bei jeder Jagd drei bis vier Mal so viele Tiere wie vor vier, fünf Jahren.

Das MPI und ECan haben lediglich die von der Invasion betroffenen Gebiete exakt bezeichnet. Die Rechnungen basieren auf Sichtungen einzelner Tiere. So sollen die Wallabys auf der Nordinsel – vornehmlich im Seengebiet von Rotorua, an der Bay of Plenty und auf Kawau Island – 2.050, möglicherweise aber 4.126 Quadratkilometer bevölkern. Auf der Südinsel sind es 5.322, eventuell aber auch schon 14.135 Quadratkilometer.

Ausbreitung über die naturgegebenen Grenzen hinaus

Die Verbreitung der Hüpfer auf der Südinsel war vor wenigen Jahren ein von der Natur vorgegebenes Gebiet westlich von Waimate, mit den Flüssen Waitaki im Süden und Rangitata im Norden sowie mit den Bergen als Klimagrenze im Westen. Doch in der Zwischenzeit haben zumindest einzelne Beuteltiere den Fluss überquert und sich in Central Otago niedergelassen, andere sind im Nordwesten bis in die alpine Zone am Fuße des Mount Cook, Neuseelands höchstem Berg, vorgedrungen. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, liegt zum größten Teil an den Farmern selbst. Weil sie den Service nicht länger bezahlen wollten, wurde 1992 der sogenannte „Wallaby Control Board“ aufgelöst, der mit koordinierten Einsätzen die Zahl der Tiere in Grenzen hielt. Doch seither fehlt die Koordination, einige Farmer vernachlässigen ihre Aufgabe. Als Folge hat sich Anzahl der Wallabys vervielfacht.

ECan hat deshalb die Naturschutzbehörde DOC und die privaten Grundstückseigner in einem Drei-Jahres-Plan 2017 verpflichtet, die Population dramatisch zu reduzieren und die Tiere am besten auszurotten. Es ist verboten, Wallabys als Haustiere zu halten.

Fast schon wieder ironisch ist, dass Waimate mit einem riesigen Wallaby-Logo Tourismus-Werbung betreibt und dass ein kleiner Tierpark, in dem man Wallabys füttern kann, eine lokale Attraktion ist. Da die Wallabys in freier Natur – vornehmlich in den Hunters Hills und im Hakataramea Valley - tagsüber mehr oder weniger unsichtbar sind, ahnen die Urlauber nicht, dass so mancher Besucher nur nach Waimate kommt, um den Wallabys bei Nacht den Garaus zu machen.

INFO

Die Wallaby-Jagd von Waimate ist nicht die einzige makabere Hatz in Neuseeland. An Ostern findet ein ähnliches Spektakel in Alexandra in der Region Central Otago statt. Bei der „Great Easter Bunny Hunt“ wird Jagd auf Wildkaninchen gemacht, die in dieser ariden Graslandschaft und nördlich davon, im Mackenzie Country, eine Plage sind.

Es ist keine Seltenheit, dass 20.000 Langohren abgeknallt werden. Demnächst soll mit Genehmigung der Regierung ein Virus eingesetzt werden, um die Kaninchen auszurotten. Mittlerweile hoppeln sie sogar in den Parks und auf einigen Verkehrsinseln in der 350.000-Einwohner-Stadt Christchurch herum.

(Copyright: Sissi Stein-Abel)