08.09. Stripper-Skandal

Männer-Irrsinn am "Mad Monday"

Meister sind die Chiefs nicht geworden. Eine Saisonabschlussfeier gönnte sich die Mannschaft aus der neuseeländischen Stadt Hamilton am Ende der internationalen Runde im Super-Rugby der südlichen Hemisphäre trotzdem. Aber dieses Fest war so zweitklassig wie der Auftritt der Chiefs im Halbfinale gegen den späteren Champion, die Hurricanes aus Neuseelands Hauptstadt Wellington. Das hatte jetzt ein Nachspiel.

Weil eine für den Anlass angeheuerte Stripperin mit dem Künstlernamen Scarlette behauptete, einige Spieler hätte ihr zwischen die Beine gegriffen und sie hätte einen besonders aggressiven Profi in die Genitalien getreten, um ihn sich vom Leibe zu halten, ermittelte der nationale Verband New Zealand Rugby (NZR) – und verschleierte dabei die Wahrheit. Laut einem Bericht des Fernsehsenders Newshub ignorierte der Verband eine Zeugin, die ein Jahr zuvor beim gleichen Anlass gestrippt haben und in ähnlicher Weise sexuell belästigt worden sein soll.

Warum der NZR zu dem Schluss kam, die Vorwürfe seien haltlos, bleibt also das Geheimnis des Verbandes, der kurioserweise trotzdem eine offizielle Verwarnung an den Klub aussprach. Das schloss auch ein Dutzend Spieler und Trainer Dave Rennie ein, die bei dem zweifelhaften Vergnügen überhaupt nicht dabei waren.

Ein Denkzettel auch für Spieler und Trainer, die nicht dabei waren

Der Denkzettel traf auch sämtliche All Blacks, die Nationalspieler, der Chiefs, ob vor Ort oder nicht. „Dieser Schatten liegt auch auf mir“, sagte Rennie, der meinte, es sei vielleicht „nicht die klügste Idee“ gewesen, die Veranstaltung an einem öffentlichen Ort – einem Hotel in der Nähe der Hobbit-Hochburg Matamata – abzuhalten.

Der NZR bezeichnete den Vorfall als vereins- und verbandsschädigendes Verhalten. „Wir finden es bedauerlich, dass eine Gruppe unserer Profispieler diese Art von Unterhaltung sucht“, sagte Generaldirektor Steve Tew, „und wir ärgern uns darüber, dass wir nicht von vornherein Strukturen geschaffen hatten, um so etwas zu verhindern.“

Die Verwarnung der kompletten Mannschaft sei als „sehr klare Botschaft an sämtliche Profispieler in diesem Land bezüglich unserer Verhaltensnormen zu verstehen“. Damit erteilte Tew der Einschätzung von Chiefs-Coach Rennie, der meinte, solche Feiern seien akzeptabel, solange sie hinter verschlossenen Türen stattfänden, eine deutliche Absage.

Nationaltrainer Hansen fordert Abschaffung solcher Zusammenkünfte

Nationaltrainer Steve Hansen forderte gar die Abschaffung solcher Zusammenkünfte, die als „Mad Monday“ (Verrückter Montag) bekannt sind. „Es ist höchste Zeit, diesen ‚Mad Mondays‘ ein Ende zu bereiten“, sagte er, „sie sind überflüssig.“

Der Nationalsport Rugby steht in Neuseeland als Ausdruck von Maskulinität und Geschlechtsidentität. In einem Interview mit den Fairfax-Medien sagte der auf das Thema spezialisierte Universitätsprofessor Richard Pringle, die Rugby-Kultur habe eine lange Geschichte von Alkoholmissbrauch, Homophobie und Objektifizierung von Frauen. „In diesem Umfeld erreicht man Akzeptanz und Status innerhalb der Bruderschaft, indem man beweist, dass man maskulin ist“, so Pringle. „Das wiederum wird davon abgeleitet, wie viel Bier einer trinken kann und dass man seine Heterosexualität demonstriert, indem man eben eine Stripperin begrapscht oder Schwule verspottet.“

Das war den Chiefs 212 Euro wert. So viel kostete Scarlettes Service als Bedienung mit anschließender Entblätterung.

(Copyright: Sissi Stein-Abel)