10.01. Rauchen Down Under

Tabaksteuer kreiert zwei Nichtraucher-Paradiese

Rauchschwaden sind auf der Nordinsel Neuseelands keine Seltenheit. Trotzdem ist das Land der Kiwis ein Nichtraucher-Paradies. Es ist die Natur der Inseln auf dem Pazifischen Feuerring, die Dampf- und Qualmwolken von heißen Quellen und Vulkanen in die Luft pustet.

Wenn es im Nachbarland Australien glimmt und glüht, sind meistens Buschfeuer die Ursache. Zigaretten zu rauchen, ist hier wie dort nicht mehr angesagt. Restriktive Gesetze sorgen dafür, dass vielen Nikotinliebhabern die Lust auf Zigaretten vergeht. Manche können es sich schlicht nicht mehr leisten.

Auch diesmal haben die Raucher in beiden Ländern vor dem Jahreswechsel stangenweise Glimmstängel gekauft und gehortet, denn an jedem 1. Januar steigt die Tabaksteuer: in Australien, das den Countdown in Richtung Unerschwinglichkeit 2010 mit einer Erhöhung um 25 Prozent einläutete, um 12,5 Prozent, in Neuseeland, das 2016 damit begann, um 10 Prozent.

Das geht so weiter, bis in Australien eine Zwanziger-Packung Zigaretten 40 Dollar (26 Euro) kostet. In Neuseeland ist der Preis einer Schachtel von rund 10 NZ-Dollar (6 Euro) vor zehn Jahren auf jetzt fast 30 NZ-Dollar (18 Euro) gestiegen.

Australien als Vorreiter des Werbeverbots

Als erstes Land der Welt verbot Australien 2012 Markenwerbung auf Zigarettenschachteln, Neuseeland folgte umgehend. Längst waren hier die Packungen mit Schockfotos von schwarzen Zahnstümpfen, faulenden Raucherbeinen, verkrebsten Lungen und Augengeschwüren bedruckt, als die EU noch darüber diskutierte.

Ob diese gruseligen Bilder die erwünschte abschreckende Wirkung haben, bezweifelt auch in den beiden Ländern „Down Under“ so mancher Experte. Der alljährliche wiederkehrende Run vor der Neujahrs-Preiserhöhung lässt vielmehr darauf schließen, dass die ständig steigende Tabaksteuer das probatere Mittel ist, um den Rauchern das Verlangen nach Nikotin zu vermiesen, begleitet von umfassenden Verboten zum Schutz vor Passivrauchen und einem breiten Angebot an Entwöhnungstherapien.

Neuseeland führte als erstes Land der Welt bereits 1876 aus Brandschutzgründen ein Rauchverbot ein: Das damalige Regierungsgebäude (Old Government Building) in Wellington wurde nämlich im Neorenaissance-Stil aus Kauriholz gebaut. Schon seit 1971 darf in Kinos nicht mehr für Zigaretten geworben werden, und Restaurants wurden 1990 rauchfrei, wenn sie keine separaten Raucher- und Nichtraucherräume anbieten konnten.

Sogar in Gefängnissen ist Rauchen verboten

Seit 2004 ist Rauchen in öffentlichen Gebäuden, am Arbeitsplatz, in Hotels, der Gastronomie (inklusive Nachtklubs und Casinos), an Universitäten und Schulen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Flughäfen, Bahnhöfen, in Einkaufszentren und Kinos verboten, seit 2011 auch in Gefängnissen.

Die Millionenstadt Auckland weitete den Passivraucherschutz im vergangenen November auf zahlreiche Strände, Stadtteilzentren, Werften, städtische Parkplätze und Restaurant-Tische im Freien aus, wenn diese sich auf öffentlichen Gehwegen befinden.

„Tabak ist die häufigste vermeidbare Todesursache, deshalb wird durch jede neue Maßnahme das Passivrauchen eingeschränkt“, sagt John Loof, der Direktor der neuseeländischen Krebsgesellschaft. „Zudem sehen Kinder weniger Erwachsene rauchen und ahmen sie nach, und drittens macht es das Leben für jene Leute leichter, die mit dem Rauchen aufhören wollen.“ Aucklands Stadträtin Penny Hulse sieht in den soeben eingeführen Erlassen einen Weg, „das Rauchen zu de-normalisieren“ und das Verhalten von Rauchern zu ändern.

Kein Zigarettenrauch im Umfeld von Spielplätzen in Australien

In Australien ist die Situation ähnlich, wenngleich das landesweite Gesetz lediglich das Rauchen in öffentlichen Einrichtungen verbietet. Es unterliegt den einzelnen Bundesstaaten und Territorien, Einschränkungen und Ausweitungen der Regulierungen zu definieren. So darf nicht einmal mehr im Umkreis von Spielplätzen geraucht werden. In Tasmanien wurde sogar ein Gesetzentwurf diskutiert, nach dem das Rauchen für Bürger ab dem Geburtsjahrgang 2000 tabu werden soll.

Die Regierungen beider Nationen haben klare Ziele formuliert: Australien möchte den Raucheranteil in der Bevölkerung (2014/15 bei 14,5 Prozent) bis zum Ende dieses Jahres auf 10 Prozent senken. Neuseeland (14% Raucher 2016/17) erweiterte den sogenannten „Smoke-free Environments Act 1990“ im Jahr 2009 um den Zusatz, bis 2025 rauchfrei zu sein.

Dieser ehrgeizige Plan kam auf Drängen der Maori-Kommission im Parlament zustande, denn weitaus mehr Maori und Menschen der ersten und zweiten Generation von den Südpazifik-Inseln (in erster Linie Samoa und Tonga) sterben an den Folgen des Rauchens als Mitglieder anderer Ethnien. Während nur noch 14 Prozent der Gesamtbevölkerung rauchen, sind es bei Maori 35 Prozent und bei Pazifik-Insulanern 24 Prozent.

Die indigenen Minderheiten rauchen am meisten

Es ist ein Spiegelbild der australischen Gesellschaft: Dem Gesamtschnitt von 14,5 Prozent stehen 39 Prozent rauchender Aborigines und Torres-Strait-Insulaner gegenüber. Das heißt die indigenen Minderheiten in beiden Nationen sind am stärksten von der Nikotinsucht betroffen, und hier wie dort zählen sie zu den sozio-ökonomisch am stärksten benachteiligten Gruppen. Ausgerechnet die ärmsten Menschen geben das meiste Geld für Zigaretten aus.

Die jährlichen Steuererhöhungen zwingen sie jedoch nicht unbedingt in ein gesünderes Leben, sondern treiben vor allem junge Leute in die Kriminalität, wie die Nachrichten aus Neuseeland belegen: Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht eine „Dairy“, ein Tante-Emma-Laden, zur Beschaffung von Zigaretten überfallen wird.

Einfach keine Zigaretten mehr zu verkaufen, ist jedoch für die meisten Ladenbesitzer kein Thema. An der Sucht verdient nämlich nicht nur der Fiskus, der damit wenigstens teilweise die Folgekosten des Rauchens decken kann, sondern auch der Kleinhändler lebt gut davon – wenn auch riskant.

Fakten und Zahlen rund ums Rauchen

    • 180 Nationen unterzeichneten 2005 das Rahmenabkommen der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Reduzierung des Tabakkonsums. Weltweit rauchen 1,1 Milliarden Menschen, und jährlich sterben sechs Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens und Passivrauchens.

    • Rund ein Viertel aller Erwachsenen in Deutschland sind Raucher (laut Deutsche Krebsgesellschaft 26,2 Prozent); bei den Männern liegt der Anteil bei 30 Prozent, bei den Frauen sind es 20 Prozent.

    • In der Schweiz rauchen 26,9 Prozent der Bevölkerung (2015; Höchststand 1997 mit 33,2 Prozent).

    • In beiden Ländern ist der Raucheranteil in den vergangenen Jahren stets nur leicht und wesentlich langsamer als im weltweiten Durchschnitt zurückgegangen.

Statistiken:

https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/bewusst-leben/rauchen-zahlen-und-fakten.html