07.04. Spaghetti-Pizza

Premierminister liefert kulinarischen Tiefpunkt

Spaghetti auf Toast ist ein klassisches Frühstück in Neuseeland. Eine Scheibe Toast und obendrauf 220 Gramm Spaghetti in Tomatensauce aus der Dose. Das hat zwar keinen wirklichen Nährwert, ist aber fettarm, und die matschigen Nudeln in der dicken roten Brühe (15 Gramm Zucker, 730 Milligramm Natrium) enthalten nur 140 Kilokalorien. Und für die meisten fremdländischen Gaumen ist es weitaus schmackhafter als das wesentlich gesündere Marmite auf Toast.

Marmite ist eine schwarzbraune Paste, deren Hauptbestandteil ein Hefeextrakt ist, der als Nebenprodukt der alkoholischen Gärung beim Bierbrauen anfällt und aussieht wie Wagenschmiere, aber so ähnlich schmeckt wie ein Maggiwürfel und extrem stark nach Hefe riecht.

Einige wenige „Hereingeschmeckte“ essen so einen – für Anfänger dünn bestrichenen - Toast so gerne wie die von Geburt an damit gefütterten Kiwis. Aber für den großen Rest der Einwanderer bleibt Marmite auf immer und ewig gewöhnungsbedürftig. Dann lieber Spaghetti auf Toast, egal wie matschig sie sind, trotz der ungläubigen Blicke der Touristen, die solch einen Frevel nicht fassen können.

Und obendrauf auch noch Schinken, Ananas und Käse

Wer jedoch glaubte, diese Frühstücks-Variationen seien der kulinarische Tiefpunkt der Essenskultur am anderen Ende der Welt, sah sich getäuscht, denn Premierminister Bill English postete diese Woche Fotos seiner Kochkunst auf Facebook: Pizza begossen mit Spaghetti in Tomatensauce und das Ganze belegt mit Schinken, Ananas und Käse!

Das stellte die von Protesten begleitete Aussage des isländischen Regierungschefs Gudni Th. Johannesson, der im Februar ein Verbot von Ananas auf Pizza angeregt hatte, eindeutig in den Schatten.

So manch einer im Land fand Englishs lukullische Grausamkeit anfangs noch lustig. Das Fremdschämen begann erst, als die internationalen Medien den gourmet-technischen Fauxpas veröffentlichten und der US-Comedian Jimmy Kimmel sich in seiner Show im Fernsehsender ABC über den 55-jährigen Regierungschef lustig machte.

Kimmel: "Kriegserklärung an Italien und Hawaii"

„Wir gehen mit Donald Trump ja hart ins Gericht“, sagte Kimmel, „aber ich denke, in Neuseeland haben sie einen Premierminister namens Bill English, der noch schlimmer ist. Er tut Dosenspaghetti und Ananas auf eine Pizza. Das ist so abartig, es ist eine kriegerische Handlung. Ich glaube, er hat gerade Italien den Krieg erklärt und vielleicht auch Hawaii. Ich weiß nicht… Klagt diesen Mann sofort wegen Amtsvergehens an, Neuseeland!“

English, der ganz stolz sogar ein Selfie von sich und dem Corpus delicti geschossen hatte, rechtfertigte sich für den Facebook-Post, nachdem die Lawine aus Spott und Hohn über ihn hereingebrochen war: „Ich koche montagabends ziemlich oft für die Familie, und meine Kinder haben mich angespornt, hin und wieder etwas Persönliches auf Facebook zu posten.“ Immerhin fanden das fast 10.000 User gut oder amüsant, und so manch einer hatte schon vorher die Dosenkost auf Pizza gekippt.

Andere brachten jedoch ihre Abscheu zum Ausdruck. „Es tröstet mich zu wissen, dass ich ungefähr dieselben kulinarischen Fähigkeiten wie der Premierminister habe“, schrieb einer. Ein anderer meinte: „Tut mir leid, Bill, aber jemand, der Spaghetti auf eine Pizza schüttet, ist ungeeignet, mein Land zu regieren. Mit meiner Stimme kannst Du bei der Wahl nicht rechnen.“

Die Parlamentswahlen, bei denen Englishs konservative Nationalpartei ihre vierte Amtsperiode anstrebt, finden am 23. September statt. Der Premierminister kann nur hoffen, dass die Neuseeländer bis dahin seine Pizza-Panne verdaut haben.

09.04.2017: Die Folgen des Pizza-Frevels

Vendetta der Italiener mit Salami auf der Pavlova

Die kulinarische Grausamkeit, die Neuseelands Premierminister Bill English begangen hat, ist nicht ohne Folgen geblieben. Der Regierungschef hatte auf Facebook eine hausgemachte Pizza präsentiert, die er mit Dosen-Spaghetti in Tomatensauce, Ananas, Schinken und Käse belegt hatte. US-Comedian Jimmy Kimmel hatte diesen Akt als Kriegserklärung an Italien „und vielleicht auch an Hawaii“ bezeichnet.

Die italienische Vertretung in Neuseelands Hauptstadt Wellington hat prompt zum Gegenschlag ausgeholt. Botschafter Fabrizio Marcelli bombardierte Bill English und seine Landsleute auf Facebook und Twitter mit einer abartigen Version einer Pavlova. Das ist eine in Neuseeland erfundene und mit Kiwischeiben und Erdbeeren dekorierte zuckersüße Baisertorte. Normalerweise. Die Italiener belegten sie bei ihrem Racheakt mit Salami.

Nach dieser Vendetta scheint der Friede zumindest zwischen diesen beiden Nationen wiederhergestellt. Die USA haben angesichts der Ananas-Attacke gegen ihren 50. Bundesstaat, eventuell wegen der politisch brisanten Situation in Syrien, noch nicht reagiert.

(Copyright: Sissi Stein-Abel)