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Neugestaltung meiner Website fast abgeschlossen

3. März 2011

Die Neugestaltung meiner Website ist nun fast abgeschlossen, und wie schon an der Kopfleiste zu sehen ist, stehe ich unter dem Eindruck des schweren Erdbebens vom

22. Februar, das den historischen Kern von Christchurch und meines Wohnorts Lyttelton in Schutt und Asche gelegt hat.

Eine Bekannte auf der anderen Seite der Berge in Sumner wurde fast evakuiert, weil die Klippen abbrechen. Sie hatten schon alles im Auto, als ihnen gesagt wurde, dass sie in die Häuser zurück könnten. Aber sie haben weder Strom noch Wasser, die ganze Küste entlang. Ich habe sie zum Duschen und Wäschewaschen eingeladen, denn wir leben ja im Luxus ;-) Und ich wage auch dies kaum zu sagen: Seit der ersten schlaflosen Nacht schlafe ich wie ein Murmeltier, habe gestern sogar den fürchterlich rasselnden Wecker verschlafen.

Auch die Nachbarin vom Haus unterhalb unseres Grundstücks war schon zum Duschen hier, und wir füllen ihre Wassercontainer von unserem Garten aus mit dem Schlauch. Sie haben das Pech, dass eine Nebenleitung beschädigt ist. Die Nachbarn, bei denen wir am Anfang Wasser aus dem Whirlpool holten, mussten zwischendurch ausziehen, obwohl ihr Haus nahezu unbeschädigt ist. Sie hatten das Pech, dass ihr Haus unter einem dieser absturzgefährdeten Häuser steht.

Nach einigen Tagen durften sie wieder ins Haus zurück. Allerdings teilte es ihnen niemand mit. Wir hatten an einem anderen Haus gesehen, dass der rote Aufkleber (Betreten verboten) durch einen weißen Kleber (unbedenklich) ersetzt worden war. Also gingen wir zum Haus unserer Nachbarn hoch, und auch dort pappte plötzlich der weiße Schein. Als John die Nachbarn anrief (die mittlerweile bei ihrer Mutter wohnten), hörte er die Freudensprünge durchs Telefon...

Wenn ich zum Fenster hinausschaue, habe ich denselben Traumblick wie immer. Die Sonne scheint, das Wasser in der Bucht ist türkisblau. Die Schönheit der Natur nach der Katastrophe.

Das Interesse der Medien in Deutschland an Erdbeben-Geschichten ist abgeebbt, so dass ich jetzt wieder mehr Zeit zum Aufräumen habe. Das Chaos im Arbeitszimmer ist allerdings frustrierend. Gestern war ich nahe daran, mein ganzes Archiv einfach unbesehen zu entsorgen. John hat zwar alles schön gestapelt und in die wieder aufrecht stehenden Schränke zurück gefüllt, aber es ist alles durcheinander und ich finde nichts.

In der Küche wage ich es noch nicht, schwere Gegenstände auf höhere Regalbretter in der Speisekammer zu stellen, deshalb steht noch einiges neben einer Schüssel voller Blumenvasen auf dem Boden und ein bisschen im Weg herum.

Aber was ist all das schon? Uns geht es so gut, dass ich's kaum zu sagen wage, wenn ich all diese armen Leute sehe, deren Häuser komplett eingestürzt sind und die in Garagen und Notunterkünften schlafen müssen. Oder die geflüchtet sind, ihre Kinder in andere Städte gebracht haben, wo sie jetzt bis auf weiteres in die Schule gehen.

Besuch zum Duschen und Wäschewaschen

Leider gibt's auch Nachbeben, die mehrere Sekunden dauern, und die machen mich wirklich nervös, weil das große Beben ja auch so angefangen hat. Ich lasse dann immer einen Schrei los, springe auf - und John ruft an und fragt, ob ich okay bin. Kurze Schläge stören mich nicht groß, denn sie haben normalerweise keine zerstörerische Wirkung.

Gestern war ich im einzigen Lokal, das das Erdbeben überstanden hat - ein Zwischending zwischen Fish'n'Chips Shop und Restaurant direkt am Hafen, nagelneu. Auf dem Weg dorthin habe ich in dem Handwerksbetrieb vorbeigeschaut, der die meisten unserer Hausreparaturen und -renovierungen gemacht hat. Alle Mann sind bei der Arbeit - und auch die Sekretärin/Buchhalterin, die ich gleich nach dem Beben im Krisenzentrum getroffen habe. Es ist schön, hin und wieder Lebenszeichen zu sehen und zu spüren.

Derzeit dürfen nur Lytteltonians mit Durchfahrtsschein den Straßentunnel von und nach Christchurch benutzen - und das ist vermutlich gut so, um Plünderer fernzuhalten. In der Not wachsen die Neuseeländer in ihrer selbstlosen Hilfsbereitschaft über sich hinaus - die Standardformulierung lautet: "It brings the best out of the people." Aber Abschaum bleibt Abschaum.

Chaos im Arbeitszimmer

Wir hatten das Glück, dass unser Haus bei diesem Beben der Stärke 6,3 auf der Richterskala zwar beschädigt wurde, aber nicht so schwer, dass wir nicht darin wohnen könnten. Wir hatten schon einen Tag nach der Naturkatastrophe wieder Strom und fünf Tage später Wasser. Zwar muss das Wasser zum Zähneputzen und Kochen abgekocht werden, aber natürlich kann man auch mit potentiell bakteriell verseuchtem Wasser duschen und Wäsche waschen, so dass das Leben für uns einigermaßen normal verläuft - wenn man davon absieht, dass Lyttelton ein Geisterdorf ist.

Viele Häuser wurden evakuiert, andere zerstört, wieder andere dürfen nicht betreten werden, weil darüber am Hang klebende Häuser ein- und abstürzen könnten. Anderswo droht Gefahr durch abrutschende Stützwände und Steinschlag.

John ist seit Montag (28. Februar) wieder bei der Arbeit und hat alle Hände voll zu tun. Es gilt, Geschäfte, die ihre Büros und Computer in den Innenstadt verloren haben, wieder Zugriff auf ihre Daten zu ermöglichen und mit neuen Computern und Netzwerken auszustatten. Manchen Geschäftsleuten ist es gelungen, auf wundersamen Wegen komplette Server aus dem Trümmern zu retten.

Gästezimmer als Zufluchtsort

Wir sind ins Gästezimmer im Erdgeschoss umgezogen, weil dort keine Möbel umstürzen und auf uns fallen können. Auch sonst nichts, denn die Bilder sind entweder von der Wand gefallen oder wurden bei meinem Sprint durchs Haus abgehängt, bevor sie zerschellen konnte. Je höher man in einem Haus ist, desto stärker sind die Schwingungen.

Badezimmer-Stilleben.

Mehr Fotos auf Johns flickr-Seite

Als der Aktenschrank (siehe links, liegend) wieder stand...

Wohn/Essbereich mit umgefallenem Schrank.

Verrückter Schrank.

Fix-Mix in der Speisekammer.

Tag der offenen Küchentüren.

Auf dem Bild links stehen John und ich vor der Union Parish Church in Lyttelton.